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Arcangelo Corelli (attributed to): Sonata in D minor Rezensionen

 

 

for Alto Recorder and Basso Continuo (edited by David Lasocki/Basso Continuo realized by Bernard Gordillo), 2020, Instant Harmony (Printed under license by Edition Walhall, Magdeburg), Partitur und Stimme, IH18, € 14,50

 

 

Wenige Komponisten der Barockzeit haben so bewusst für die Nachwelt komponiert wie Arcangelo Corelli. Obwohl er erheblich mehr komponiert haben muss, als uns in seinen sechs im Druck erschienenen Opera mit jeweils 12 Werken überliefert ist, sind außer diesen, in ihrer Autorschaft gesicherten Werken, kaum weitere Kompositionen aus seiner Feder bekannt.

 

Erklären lässt sich das nur so, dass er selbst viele seiner Kompositionen vernichtet hat, um der Nachwelt ein in sich geschlossenes Œuvre zu hinterlassen, welches in seiner Gesamtheit als ein großes Kompendium von Musterkompositionen der instrumentalen Gattungen seiner Zeit zu verstehen ist.

 

Den Erstdruck der Violinsonaten op. 5 bringt er laut Titelblatt heraus genau am „1. Januar 1700“: offensichtlich als Fanal für ein neues Jahrhundert und nachfolgende Generationen.

 

Band V der Corelli Gesamtausgabe von Hans Joachim Marx mit „Werken ohne Opuszahl“ ist vom Umfang her demnach auch nur eine schmale Ergänzung zu den Hauptbänden mit Triosonaten (op. 1–4), Solosonaten (op. 5) und Concerti grossi (op. 6).

 

Wir finden hier in Band V u. a. eine Handvoll von Ensemblewerken, die bestimmten Gelegenheiten zuzuordnen sind und außerdem insgesamt 6 Sonaten für Violine und B. c. Letztere waren in Sammeldrucken und Handschriften zwar relativ weit in ganz Europa verbreitet, ihre Authentizität wird jedoch heute von der Forschung erheblich in Zweifel gezogen, was sowohl mit den Umständen ihrer Überlieferung als auch mit stilkritischen Untersuchungen zu begründen ist.

 

Denn: sollten sie wirklich von Corelli stammen, wären sie äußerst untypisch für seinen in op. 5 musterhaft dokumentierten Stil.

 

Eine dieser Sonaten, (Anhang 35 in a-Moll) findet sich auch in einer zeitgenössischen Transposition nach d-Moll für Blockflöte und B. c. im umfangreichen „Detroit-Manuskript“, einer der wichtigsten Quellen für originale barocke Blockflötenmusik überhaupt. 

 

Genau diese Sonate wird in der vorliegenden Neuausgabe von Instant Harmony veröffentlicht.

 

Im Detroit Manuskript sind vor allem Sonaten des englischen Stilbereichs vom Anfang des 18. Jahrhunderts gesammelt. Die Namen der Komponisten sind zwar nicht genannt. lassen sich aber durch andere Quellen ermitteln: James Paisible, Gottfried Finger, William Williams u. a. Die sogenannte Corelli-Sonate passt sich stilistisch völlig nahtlos in deren Reihe ein. Eine Zuschreibung z. B. an Gottfried Finger erschiene jedenfalls glaubhafter als die an Corelli.

 

Fragen der Autorschaft hin oder her: natürlich ist es kein „Klassiker“ wie die Sonaten aus op. V, aber ein sehr gutes Stück, das außerdem auf der Blockflöte in d-Moll hervorragend „liegt“. Für Programme mit englischer Musik oder solchen, die Corellis starken Einfluss auf die englische Musikpraxis des beginnenden 18. Jahrhunderts spiegeln, ist diese Sonate hervorragend geeignet.

 

Die drucktechnische Aufarbeitung der Instant Harmony-Editionen durch die Edition Walhall hat diesen erheblich aufgeholfen und vermittelt einen viel besseren Eindruck als erste Editionen dieses amerikanischen Verlags.

 

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