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Jean Ruckgaber: Introduction, Variations et Finale op. 34 (1835) Rezensionen
für Csakan und Pianoforte (Hg. Peter Thalheimer), Fulda 2020, Aura-Edition, Erstdruck, Partitur und Stimme, AE 041-Cs, € 22,00
für Sopranblockflöte und Klavier (Hg. Peter Thalheimer),Fulda 2020, Aura-Edition, Erstdruck, Partitur und Stimme, AE 042-MB, € 22,00
Jean (Johann, Jan) Ruckgaber (1799–1876) war in seinen jungen Jahren ein beliebter Komponist, Pianist und Lehrer. Er wurde 1799 als Jean de Montalban (de Montalbeau), Sohn einer adeligen französischen Familie auf der Flucht vor der Französischen Revolution, in Wien geboren. 1809 starb sein Vater, mittlerweile österreichischer Offizier, in der Schlacht bei Wagram. Jean wurde von Joseph Ruckgaber, seinem österreichischen Hauslehrer adoptiert und nahm dessen Namen an.
Er begann seine musikalische Ausbildung in Wien bei Johann Nepomuk Hummel. Später (vermutlich 1816–1819) erhielt er Privatunterricht in Klavierspiel und Kompositionslehre in Paris. Er begegnete vielen großen Künstlern seiner Zeit, davon unter anderem Franz Xaver Mozart, Frédéric Chopin und Franz Liszt.
Ab 1815 unternahm Jean Ruckgaber mehrere Konzertreisen in die historische Landschaft „Galizien“ und übersiedelte 1826 nach Lemberg (heute Lwiw/Ukraine). Dort beeinflusste er besonders das kulturelle Leben. 1853 wurde er unter anderem Leiter des neu gegründeten Konservatoriums in Lemberg.
1876 verstarb Jean Ruckgaber in Lemberg.
Ruckgabers musikalisches Œuvre besteht hauptsächlich aus Klaviermusik, Liedern und Kammermusik. Mehr Informationen über den Komponisten können in dem Buch Jan Ruckgaber - The Forgotten Composer, The Life and Work of a Pianist, Composer, Teacher and Promoter of Musical Life in Lviv von Ewa Michalik nachgelesen werden.
Das Titelblatt, des hier im Erstdruck vorgelegten Werkes, trägt die Aufschrift Introduction, Variations sur un Thême original | et | Finale, | Composées | pour le Csakan ou Flûte douce et | dediéé a Monsieur Leon Heller | Piano-Forte | par | Jean Ruckgaber | Oeuv: 34. Mit der Widmung meint Jean Ruckgaber möglicherweise seinen Freund Zenon Heller.
Der Erstdruck von Ruckgabers op. 34 ist, in seiner Originalfassung für Csakan in As, jetzt bei der Aura-Edition erschienen (AE 041-Cs). In der Fassung für Sopranblockflöte und Klavier (AE 042-MB) wurde das Stück um eine große Terz nach oben transponiert, damit die originale Grifflage erhalten bleibt. Die Ausgabe für Csakan in As enthält einen sehr detaillierten Revisionsbericht (ebenfalls auf der Website der Aura-Edition einsehbar). Das Werk kann auf einem einklappigen Csakan gespielt werden. Für den Hammerklavierpart benötigt man ein Instrument mit einem Tonumfang von C1 bis c4.
Die Komposition ist im Jahre 1835 entstanden und ist eines der spätesten Werke für Csakan und Klavier, das überliefert ist. Das Werk beginnt mit einer Introduktion: nach Einleitung des Klaviers, fortgesetzt von rezitierenden Fragmenten des Csakans, folgt ein liedhaftes, von Ruckgaber selbst komponiertes Thema mit sechs Variationen, die durch Zwischenspiele des Klaviers voneinander abgesetzt sind. Jede dieser sechs Variationen ist einmalig, mit sehr vielen Klangfarben und überraschenden Modulationen versehen. Dur und Moll, fröhlich und melancholisch wechseln sich in überraschender Weise ab. Die Komposition zeigt die Verbundenheit Ruckgabers mit der Tradition der Salonmusik. Mehrere ausgeschriebene Kadenzen lassen eine Ähnlichkeit mit Kadenzen des späteren Komponisten Wilhelm Popp erkennen.
Ruckgabers op. 34 ist ein typisches virtuoses Bravour-Stück. Die dritte Variation verlangt Doppelzunge und das Werk endet in einer Klimax, die den Beifall des Publikums schon vorbereitet. Technisch und musikalisch ist das Werk eine interessante Herausforderung sowohl für den Csakan bzw. die Blockflöte als auch für das Klavier.
Das Original-Manuskript ist in 2 Stimmbücher aufgeteilt. Die Csakanstimme ist nicht wie in der modernen Ausgabe auch im Hammerklavierpart mit aufgeführt, sondern nur als separate Stimme geschrieben. Peter Thalheimer hat die vielen musikalischen Abkürzungen von Ruckgaber sehr effizient in moderne Notenschrift übertragen. Sicher musste er ab und zu eine Auswahl treffen, da sich einige kleine Schreibfehler in das Manuskript eingeschlichen haben. In dem Revisionsbericht der Csakan-Ausgabe sind die Korrekturen gut dokumentiert. Das Notenbild ist zweckmäßig und so eingerichtet, dass relativ angenehm gewendet werden kann.
Ruckgaber hat noch ein zweites Stück für den Csakan komponiert: Fantaisie brillante | composée |pour Csakan ou Flûte douce | avec Accompagnement de | Piano-Forte | et dediee à son ami | Monsieur Zenon Heller | par | Jean Ruckgaber |Oeuv. 33. Die entsprechenden Noten sind zurzeit nur als Manuskript zu finden. Es wäre schön, wenn das ebenfalls sehr interessante Stück bald veröffentlicht würde.
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