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Carl Friedrich Abel: Berliner Trios Nr. 1 bis 4 Rezensionen
Carl Friedrich Abel: Sieben Berliner Trios, Nr. 1: G-Dur AbelWV C52, Nr. 2: D-Dur AbelWV C53, für zwei Traversflöten und Basso (Hg. Günter und Leonore von Zadow), Reihe: Abel Kammermusik, Heidelberg 2023, Edition Güntersberg, Partitur und Stimmen, G429, € 17,50
Carl Friedrich Abel: Sieben Berliner Trios, Nr. 3: G-Dur AbelWV C54, Nr. 4: F-Dur AbelWV C55, für zwei Traversflöten und Basso (Hg. Günter und Leonore von Zadow), Reihe: Abel Kammermusik, Heidelberg 2023, Edition Güntersberg, Partitur und Stimmen, G430, € 17,50
Carl Friedrich Abel kam 1723 in Köthen zur Welt. Dort wirkte der für sein Gambenspiel berühmter Vater Christian Ferdinand – man bemerke die gleichen Initialien – als erster Cammer-Musicus in der Hofkapelle, die von Johann Sebastian Bach geleitet wurde. In diesem idealen Musik-Milieu wuchs Carl Friedrich zu einem vortrefflichen Spieler von Gambe und Baryton heran.
Das Baryton hat die Größe und Stimmung einer Tenor-Bassgambe. Außer den sechs Spielsaiten aus Darm sind etwa 10 metallene Resonanz-Saiten über die Decke gespannt. Einzigartig am Baryton ist, dass sein Hals an der Rückseite ein großes Fenster aufweist, durch das die metallenen Saiten mit dem Daumen der linken Hand gezupft werden können. Dieser reizvolle Mischklang war besonders in der Epoche des Empfindsamen Stils in Mode.
Nachdem er von seinem 25. bis zu seinem 34. Lebensjahr unter Johann Adolph Hasse in Dresden spielte, erreichte er 1759 London. Die Londoner Gesellschaft hielt sein Spiel in hohen Ehren und er wurde von der deutschstämmigen Königin Charlotte zum Kammermusiker ernannt.
Als Johann Christian Bach (1735–1782) nach London zog, freundete er sich mit dem 12 Jahre älteren Abel an, so sehr, dass sie eine Wohngemeinschaft gründeten und gemeinsam Musik machten. Zusammen ließen sie sich auf ein neues Geschäftsmodell von Teresa Cornelys, Venezianerin und ehemalige Opernsängerin, ein: Abonnementskonzerte für die High Society, um sich vom einfachen Volk in den Vergnügungsparks abzusetzen. Stilvolle Konzerte in ebensolchen Räumen, statt Musik unter freiem Himmel. Das allererste „Bach-Abel Concert“ erklang am 23. Januar 1765. In der Wintersaison fanden jährlich 6 Abonnementskonzerte im Carlisle-House statt. Über den exklusiven Veranstaltungsort berichtete die Novellisten Fanny Burney, Tochter des Musikhistorikers Charles Burney, ausführlich in ihrem Tagebuch. Der Tode Johann Christians bedeutete das Aus für diese fruchtbare Zusammenarbeit und beendete die goldene Ära für Abel.
Abels Sieben Berliner Trios, nicht identisch mit dem op. 3, wurden bisher noch nicht im Zusammenhang veröffentlicht. Fünf der Trios sind für zwei Flöten und Bass, während die Violine in den beiden anderen die 2. Stimme übernimmt. Vieles spricht dafür, dass diese Kompositionen vor London entstanden sind. Trotzdem zeigen sie bereits einen deutlichen Einfluss des Empfindsamen Stils, der einen durchaus an die Tonsprache eines Carl Philipp Emanuel Bach denken lässt. Die hier vorliegenden 4 Sonaten sind neben dem Sammelmanuskript, das in der Berliner Staatsbibliothek liegt, noch in 13 weiteren Abschriften überliefert, die unterschiedlich auf die einzelnenTrios verteilt sind.
Auffallend oft beginnt die zweite Stimme zusammen mit dem Bass und stellt die Themen vor. In den Trios 3 und 4 hat eine Entwicklung stattgefunden: hier sind die Stimmen gleichwertig und polyphon.
Die kurzweiligen Trios sind alle von mittlerem Schwierigkeitsgrad. Die beiden Oberstimmen können auch sehr gut von zwei Blockflöten gespielt werden und die Bassstimme bietet reichliche Besetzungsmöglichkeiten. Sie sind eine willkommene Bereicherung des Kammermusikrepertoires.
Die Gambisten kennen und schätzen Abel, aber er verdient auch Anerkennung im größeren Kreis. Die Herausgeber Günter und Leonore von Zadow erhielten zum 300jährigen Jubiläum 2023 in Köthen den Abelpreis für ihre Verdienste um sein Werk. Besonders ist das mit vielen neuen Einträgen versehene Werkverzeichnis hervorzuheben, das vom RISM übernommen wurde.
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