Bornefeld hatte ein besonderes Verhältnis zur Blockflöte: Nach dem Besuch eines Konzertes mit Peter Harlan war er so beindruckt, dass er sich autodidaktisch mit der Blockflöte beschäftigte. Noch während des Tonsatzstudiums komponierte er 1930 mit seinen „Fünf Suiten“ für Blockflöte solo die erste anspruchsvolle Neue Musik für dieses Instrument. Dabei entstand sein sehr eigenständiger Umgang mit der unbegleiteten Melodie. Wichtig war ihm dabei die lineare Spannung, die für die verschiedenen Intervalle charakteristisch ist, wenn sie von den traditionellen harmonischen Bezügen losgelöst werden.
Einen Einblick in Bornefelds Verständnis der Melodik verdanken wir der Rezeptionsgeschichte3 seiner Suiten für Blockflöte solo: Nach der Uraufführung 1930 in der Stuttgarter Musikhochschule – mit Saxophon, weil sich kein geeigneter Blockflötenspieler fand – ruhten die Suiten unbeachtet in der Schublade. Erst 1960 legte der Flötist Gerhard Braun (1932–2016) zwei der Suiten im Druck vor. Allerdings musste Bornefeld auf Bitten Brauns einige Noten ändern. Entsprechend den Möglichkeiten seiner eigenen Blockflöten verwendete Bornefeld nämlich 1930 den notierten Tonumfang4 c1 bis d3 inklusive cis3, jedoch ohne c3. Für die 1960 gebräuchlichen Instrumente war das cis3 jedoch ein Problemton, dagegen konnte das c3 als spielbar vorausgesetzt werden. Bornefeld musste also die entsprechenden Stellen ändern. Zwei Beispiele zeigen, wie er dabei vorgegangen ist: