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Giovanni Battista Martini Rezensionen

 

Pastorale und Rondeau

für zwei Altblockflöten und Basso continuo (Hg. Klaus Hofmann), Reihe: Recorders Library, Magdeburg 2023, Edition Walhall, Partitur und Stimmen, EW1256, € 13,80

 

Zwei Sonaten

für zwei Altblockflöten und Basso continuo (Hg. Klaus Hofmann), Reihe: Recorders Library, Magdeburg 2023, Edition Walhall, Partitur und Stimmen, EW1259, € 12,80

 

Der Ruhm des Padre Martini als Kompositionslehrer und Universalgelehrter sowie als eine der bedeutendsten geisteswissenschaftlichen Autoritäten im 18. Jahrhundert ist bis heute ungebrochen. 

 

Es heißt, dass er auch ca. 1500 Kompositionen hinterlassen habe, die aber kaum jemand kennen dürfte und die auch bislang nicht in einem Werkkatalog gesammelt, beschrieben oder datiert wären. Umso spannender, wenn jetzt Klaus Hofmann zwei Hefte mit Blockflötenwerken des Giovanni Battista Martini herausbringt.

 

Wer angesichts des Rufs Martinis vor allem als Kontrapunktiker „gehaltvolle“ Stücke erwartet, wird jedoch enttäuscht sein:

Die beiden kleinen zweisätzigen, jeweils aus einem geradtaktigen Allegro und einem 3/8-Menuett bestehenden Sonaten sehen exakt so aus, als seien sie den Triosammlungen op. 1 des Giuseppe Sammartini von 1727 entnommen, wobei letzterer lediglich in allen Sonaten eine drei- bzw. viersätzige Anlage beibehält.

 

Es wären – nähme man eine Entstehungszeit zu Ende der 1720er oder frühen 1730er  Jahre an – allesamt stilistisch höchst „moderne“ Stücke,  gesetzt im gerade sich europaweit verbreitenden Galanten Stil mit gegenüber barocken Modellen radikal vereinfachten, ausschließlich homophonen Texturen, überwiegenden Terzführungen der Oberstimmen, zahlreichen Synkopierungen, verlangsamtem harmonischen Rhythmus  und gelegentlichen plötzlichen Moll-Eintrübungen: eben genau wie in den Trios Giuseppe Sammartinis! 

 

Im Vorwort der Walhall-Ausgaben heißt es, die Stücke seien in der (nicht autografen) Handschrift datiert auf 1769 (!)

 

Das Datum dürfte für Stirnrunzeln sorgen, vor allem im Zusammengang mit einer Bestimmung für die Blockflöte. Die zweite Sonate in der Tonart D-Dur wird trotz ihrer schlichten Substanz bei einer Ausführung auf Altblockflöten in f zu einem richtig schweren Stück und wer hätte damals wie heute schon zwei barocke g-Flöten nach Bismantova zur Hand?

 

Es ist ja leider nicht so, dass die Zuordnung des Terminus „Flauto“ für die Blockflöte bzw. „Flauto traverso“ für die Querflöte das ganze Jahrhundert über verlässlich wäre:

Sammartinis genannte Triosonaten wurden von Walsh 1730 als für „German Flutes“ veröffentlicht (was sich bis ins neue MGG gehalten hat), obwohl sie mit Sicherheit für Blockflöte in f komponiert sind – und in den 60er Jahren hatte sich spätestens mit Entwicklung der aufkommenden Sinfonieproduktion der Begriff „Flauto“ längst für die Querflöte im Rahmen eines Bläsersatzes durchgesetzt.

 

Kurzum:

Das sind absolut spielenswerte Stückchen im galanten Stil und gerade für Verwendung im pädagogischen Umfeld hervorragend geeignet.

Ich glaube aber nicht an ihre Authentizität bzgl. Padre Martini, schon gar nicht an ein Kompositionsdatum von 1769 – und ebenso wenig an eine zwingende Bestimmung für Blockflöten! (Gibt es nicht auch zu denken, dass die Sammartinis in ihrer Zeit meist „San Martini“ genannt wurden?) 

Bleibt hinzuzufügen, dass für die beiden Sonaten kein originaler Bass überliefert ist. Klaus Hofmann hat ihn mit viel Gespür ergänzt.  Kompliment: klingt wirklich genau wie Sammartini!

 

 

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Über den Autor / die Autorin
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