Musikinstrumente + Verlag GmbH

MOECK • Lückenweg 4  D-29227 Celle

Tel +49-5141-8853-0  info(at)moeck.com

TIBIA:

Portal für Holzbläser

Neues zu François Dieupart (1676–1751) Fachartikel

 

Obwohl François Dieuparts Musik heute weitestgehend bekannt ist,1 war seine Identität jedoch lange Zeit ein undurchdringliches Geheimnis. Das lag zum einen daran, dass Dokumente aus erster Hand nicht vorlagen, und zum anderen an den „fantasievollen“ Anmerkungen seines ersten Biografen Sir John Hawkins2. Bei meinen Nachforschungen über Louis d'Hervelois de Caix3, einen weiteren Musiker, dessen Identität nicht weniger rätselhaft war, stieß ich im Jahr 2007 zufällig auf eine Spur zu Dieupart. Die beiden Komponisten waren Zeitgenossen, kannten sich wahrscheinlich nicht, nahmen aber die Dienste desselben Notars, Maître Jean-François Jourdain, in Anspruch. Bei den Unterlagen seiner Kanzlei fanden sich mehrere Vollmachtsurkunden, die Dieupart von London aus ausgestellt hatte. In diesen Urkunden wurde ein gewisser Jean Pierre Gairaud, ein französischstämmiger Kaufmann, der regelmäßig zwischen London und Paris Handel trieb, damit beauftragt, Dieuparts finanzielle Interessen in Frankreich wahrzunehmen. Gairaud stand offensichtlich mit mehreren französischen Musikern in der englischen Hauptstadt in Verbindung, da er ebenfalls die Interessen Jacques [James] Paisibles, die des berühmten Instrumentenbauer Pierre Jaillard, genannt „Bressan“ und die des Oboisten Pierre [Peter] Latour wahrnahm. Ausgehend von dieser Spur war es mir möglich, durch mehrere darauf folgende Funde die wahre Identität Dieuparts aufzudecken und das Wissen über seine Biografie und seinen Werdegang wesentlich zu erweitern. Die gefundenen Dokumente bestätigen eine seit längerem bestehende Hypothese4, sodass es heute möglich ist, John Hawkins und Charles Burney zu widersprechen: Dieuparts Vorname lautete François und nicht Charles, und er starb nicht verarmt um 1740 in London, sondern zehn Jahre später in der Nähe von Paris im Kreis seiner Familie. Alles, was hier angeführt wird, ist durch Archivdokumente und nachvollziehbare historische Quellen belegt, die im Rahmen dieses Artikels zwar nicht erschöpfend behandelt werden können, aber die Interessierte online5 oder in unserer veröffentlichten Studie über Dieupart6 nachlesen können.

 

 

Jugend und Ausbildung in Paris

 

Die die wahre Identität des Komponisten belegende Urkunde ist ein Taufschein aus der Pariser Kirche Saint-Nicolas-des-Champs, der einer 17367 abgeschlossenen Tontinen-Rentenversicherung beigefügt ist: „Le Mercredy douziême jour d'Aoust mil six cent soixante 16ze. A été Baptisé François, né le dixiême du sus dit mois, fils de Nicolas Dieupart, Officier de la Chambre du Roy, et de damoiselle Marie Burelle sa femme, dmnts rüe aux ours, Le parein François Doublet bourgeois de Paris, dmnte rüe St Denis, La mareine Anne Doublet, femme d'Antoine Simon bourgeois de Paris, dmnte aussi rüe St Denis.“ Nicolas Dieupart war Ordinaire de la Musique du Roi (Hofmusiker), der seit 1670 als taille de Cromorne- und Trompette marine-Spieler in der Grande Écurie tätig war. Dessen Vater, Thomas, war kein Musiker, sondern ein einfacher Landwirt, wie viele andere Mitglieder dieser ärmlichen Familie aus dem kleinen normannischen Dorf Guiseniers8. Nicolas hatte mindestens einen Bruder, ebenfalls mit Vornamen François, der als Kerzenmacher auf der Île Notre Dame in Paris tätig war, bevor er nach Versailles zog, um dort als Concierge in die Dienste des Herzogs von Saint-Simon und später des Marschalls von Noailles einzutreten. Außerdem hatte Nicolas eine Schwester, Marie Catherine, die mit dem Concierge des Schlosses Cely in der Nähe von Fontainebleau und Melun verheiratet war. In letztgenannter Stadt verbrachte sie den Großteil ihres Lebens und dort schloss sich ihr im Alter ihr Neffe François Dieupart (der Komponist) an. Nicolas hatte um 1672 Marie Burel geheiratet, eine junge Frau aus einem wohlhabenden, aber nicht musikalischem Umfeld: dem der Gewandschneider. Das Paar hatte nur vier überlebende Kinder: einen Sohn, François, und drei Töchter, Marie Catherine (ca. 1674–1723), Antoinette Geneviève (ca. 1678–1751) und Anne Nicole (ca. 1680– vor 1695). Diese genealogischen Entdeckungen belegen, dass es in dieser Familie keinen Charles Dieupart gegeben hat. Die Verwirrung um die Vornamen des Komponisten hat ihren Ursprung in zwei Briefen, die 1711 und 1712 in The Spectator9 abgedruckt waren, einer Tageszeitung, die John Hawkins und Charles Burney als eine ihrer wichtigsten Informationsquellen diente. Heute gilt es als gesichert, dass die Unterzeichner dieser beiden Briefe Clayton, Haym und „Charles“ Dieupart nicht deren einzige Verfasser waren und dass Thomas Tickell, der amanuensis der Direktoren des Spectator, eingegangene Briefe gewöhnlich überarbeitete. Dieupart hatte Claytons Unternehmen wahrscheinlich nur grundsätzlich zugestimmt aber diesen Brief nie persönlich unterzeichnet. Seine aus anderen Dokumenten bekannte und gut lesbare Unterschrift enthält immer und ausnahmslos das anfängliche F. seines Vornamens, das auf keinen Fall mit dem C. von „Charles“ verwechselt werden kann.

 

Abb. 1: Unterschrift François Dieuparts unter einer Vollmachtsurkunde, die am 30. März 1711 in London ausgestellt wurde, neun Monate vor dem Erscheinen des ersten Briefes an den Spectator (Paris, Archives Nationales, MC/ET/CII/222).
../../fileadmin/user upload/Abb. 1 Unterschrift Dieupart

 

 

Es ist nicht bekannt, wie Nicolas Dieupart Musiker wurde, aber es ist anzunehmen, dass sein Vater ihn wie damals üblich bei einem Pariser Meister in die Lehre schickte. Bisher sind keine Dokumente aus dieser Zeit aufgetaucht, aber die besonders gute Beziehung, die er zu Jean Brunet und dessen Familie10 unterhielt (von ihm kaufte er 1670 sein Amt des taille de cromorne et trompette marine de la Grande Écurie ab)11, lässt vermuten, dass dieser vielleicht sein Lehrmeister war. Nicolas‘ gesamte Karriere spielte sich im Umfeld der Musique du Roi ab, und sein Name taucht gelegentlich unter den Musikern auf, die unter der Leitung von Lully oder Delalande an den höfischen Aufführungen mitwirkten. Er selbst scheint nicht als Komponist tätig gewesen zu sein, doch sein Sohn könnte von diesem Umfeld profitiert haben, obwohl seine erste Wahl nicht die Musik gewesen zu sein scheint. Ein Lehrvertrag aus dem Jahr 1688 zeigt ihn als Lehrling bei seinem Onkel Nicolas Burel12 als Gewandschneider. Einen Beruf, den er allerdings nie ausübte und für den auch kein Meisterbrief auf seinen Namen registriert ist. Vielleicht war ihm diese Erfahrung in der Londoner Theaterwelt nützlich, wie eines seiner wenig erhaltenen Autographe anzudeuten scheint13. Marie Catherine, eine von François‘ Schwestern, hatte ihrerseits einen Meisterbrief als „Malerin“ erlangt, ein Beruf, der zu dieser Zeit nur selten von Frauen ausgeübt wurde.

 

Abb. 2: Unterschrift von Vater und Sohn Dieupart auf dem Lehrvertrag vom 7. Juni 1688 (Paris, Archives Nationales, MC/ET/IX/497). François ist zwölf Jahre alt.
../../fileadmin/user upload/Abb. 2 Unterschrift-Vater Sohn

 

François‘ musikalische Ausbildung liegt nach wie vor im Dunkeln. Annahmen darüber stützen sich auf Hypothesen, die sich aus der Analyse seiner Musik ergeben. Sie sind zwar solide, werden aber durch keine greifbaren Dokumente belegt. Die ersten musikalischen Grundkenntnisse erlernte er höchstwahrscheinlich durch seinen Vater, der auch Flötist war, wie aus mehreren Dokumenten hervorgeht.14 François war ein sehr guter Musiker. Merkwürdigerweise und entgegen den damaligen Gepflogenheiten erlernte er nicht dieselben Instrumente wie sein Vater, was ihm von vornherein eine Übernahme dessen Stelle und somit eine gesicherte Zukunft in der Musique du Roi verwehrte. Dieupart galt schon früh als Meister auf dem Cembalo, doch viele Anekdoten aus seiner Zeit in England besagen, dass er auf der Violine ebenso herausragend war. Charles Burney behauptet sogar, dass er bei den Uraufführungen von Arsinoé (1705), Camilla (1706) und Rosamond von Addison (Libretto) und Clayton (1707) unter den ersten Geigern gewesen sei15. Diese Behauptung ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, auch wenn ein Dokument aus Dieuparts frühen Berufsjahren in Paris zeigt, dass er wahrscheinlich noch andere Instrumente außer dem Cembalo beherrschte.16 Auf einer Steuerrolle aus dem Jahr 1695 wird der damals 19-jährige Musiker nämlich in zwei Kategorien gleichzeitig aufgeführt: als „Organist und Cembalolehrer“ und als „Symphoniker“; eine Zunft, bei der Tasteninstrumente ausgenommen waren und in der er unter der Bezeichnung „Dieupart fils“ aufgeführt wird. Diese Bezeichnung lässt keinen Zweifel an seiner Identität aufkommen.

 

Zu den Kollegen seines Vaters gehörten der Hoforganist Nicolas Le Bègue und Jean-Henri d'Anglebert, „Ordinaire de la Musique de la Chambre du Roy pour le clavesin“ (und nach 1691 dessen Sohn Jean-Baptiste-Henri). Sie scheinen großen Einfluss auf das Empfinden des jungen Dieupart gehabt zu haben, dessen Stil offensichtlich dem „schönen Anschlag“ der Schule von Jacques Champion de Chambonnières entsprach. Dieser Komponist wurde einhellig für seine „natürlichen, lieblichen und schön ausgearbeiteten Melodien“ gepriesen; Elemente, die sich auch in Dieuparts Musik wiederfinden. Der Einfluss von Le Bègue zeigt sich vor allem in der standardisierten Anordnung der Suitensätze (Allemande – Courante – Sarabande) sowie in einigen melodisch-harmonischen Wendungen, die denen seines second livre de pièces de clavecin (1687) ähneln, das Dieupart als Vorbild gedient zu haben scheint. Der Einfluss d'Angleberts lässt sich insbesondere an der großen Bandbreite der verwendeten Verzierungen (beide Verzierungstabellen sind fast identisch) erkennen und an der Idee, Orchester-Ouvertüren für das Cembalo zu adaptieren oder zu komponieren.17 Es gibt keine Hinweise darauf, dass Dieupart bei François Couperin Unterricht nahm (sie waren nur acht Jahre auseinander), auch wenn einige gemeinsame stilistische Merkmale in ihren Werken manchmal einen gewissen Einfluss zu zeigen scheinen. Es ist aber davon auszugehen, dass sich beide in Saint-Germain-en-Laye begegnet sind, da sie zur gleichen Zeit (169318) dort lebten, als der Hof des im Exil lebenden Königs James II. von England im ehemaligen Königsschloss untergebracht war.

 

Hier ist ein kurzer Exkurs nötig, um den Ursprung der verschiedenen Einflüsse, die Dieuparts Musik geprägt haben, besser nachvollziehen zu können. Der durch die Revolution von 1688 vom englischen Thron vertriebene James II. war mit einem Teil seines Hofes zu seinem Cousin Ludwig XIV. geflohen, der ihm sofort das alte Schloss Saint-Germain zur Verfügung stellte. Dieser Hof interagierte regelmäßig mit dem des Königs in Versailles, unterhielt aber auch seine eigenen Musiker, die unter der Leitung von Innocenzo Fede standen, einem Kapellmeister römischer Herkunft, dessen Kontakte zu Corelli wohlbekannt sind.19 Dessen Einfluss auf die Entwicklung des italienischen Stils in Frankreich wurde erst vor kurzem untersucht, ist aber ein wichtiges Phänomen, das sich in Dieuparts Musik deutlich widerspiegelt.20 Neben den offensichtlichen Anleihen bei Corelli ist dieser Einfluss vor allem in der vereinheitlichenden motivischen Behandlung am deutlichsten zu erkennen. Einige der Musiker James II. waren ebenfalls französischer Herkunft, wie z. B. der zwanzig Jahre ältere Jacques Paisible, dessen Einfluss in der Musik des jüngeren Dieupart ebenfalls deutlich zu hören ist. Die unverbrüchliche Freundschaft der beiden Männer geht sicherlich auf diese Jahre zurück und hielt bis zu Paisibles Tod im Jahr 1721 an (François Dieupart wurde zusammen mit Latour und Bressan zu einem seiner Testamentsvollstrecker). Paisible spielte auch eine wichtige Rolle bei Dieuparts Umzug nach London und dessen beruflichem Aufstieg. Paisible, ebenfalls der Sohn eines ehemaligen ordinaire de la musique Ludwigs XIV. (diese Gemeinsamkeit brachte sie vielleicht zusammen), kam 1673 als einer der Musiker in der Truppe von Robert Cambert, einem unterlegenen Konkurrenten Lullys, nach England. Er erlangte sowohl in der Stadt als auch am Hof schnell ein sehr hohes Ansehen und wurde wegen seiner Fähigkeiten als Interpret und Komponist zu einem der beliebtesten Musiker der Könige Charles II. und James II. Wahrscheinlich lernte Dieupart durch ihn die junge Elizabeth Wilmot de Rochester, Countess of Sandwich, kennen, deren Vater ein enger Freund von Charles II. gewesen war. Das Vorwort zu den Suittes de clavessin deutet an, dass der junge Musiker die Gräfin unterrichtete, die im Gegenzug wiederum zur Finanzierung der Veröffentlichung dieser Sammlung beigetragen haben könnte.

 

„Lady Sandwich“, wie sie in Frankreich gerne genannt wurde, war eine ehrgeizige und gebildete junge Frau. Elizabeth war die Tochter des Höflings und libertinen Dichters John Wilmot, 2. Earl of Rochester, und kannte Paisible seit ihrer frühesten Kindheit. Der Name Paisibles taucht mehrfach in der Korrespondenz zwischen John Wilmot und Henry Savile21 auf, was darauf hindeutet, dass er ein guter Bekannter des Hauses Rochester war. Paisible war wahrscheinlich sogar der Musiklehrer der noch sehr jungen Elizabeth, deren Talente nach Aussagen ihrer Zeitgenossen bemerkenswert waren. Obwohl sie protestantisch war, hielt die Gräfin von Sandwich ihr ganzes Leben lang den katholischen Stuarts, die den Aufstieg ihrer Familie gefördert hatten, die Treue. Sie sprach perfekt englisch und französisch und war tief in der französischen Kultur verwurzelt. In London gehörte sie zu der Gesellschaft um Hortense Mancini und dem Franzosen Charles de Saint-Évremond22, einem Schöngeist und Freidenker, der sich aus politischen Gründen freiwillig auf die andere Seite des Ärmelkanals ins Exil begeben hatte. Während mehrerer Monate in den Jahren 1698 und 1699 unternahm die Gräfin von Sandwich eine ausgedehnte Reise nach Frankreich. Saint-Évremond hatte sie an seine alte Freundin Ninon de Lenclos verwiesen, in deren berühmtem Salon „cinq à neuf“ eine vornehme Gesellschaft verkehrte, in der die junge Gräfin ein Netzwerk nützlicher Bekannter aufbaute, zu denen auch die Gastgeberin des Salons selbst gehörte. Obwohl Lady Sandwich offiziell aus gesundheitlichen Gründen nach Frankreich kam, scheint sie in Wirklichkeit ein geheimes politisches Ziel verfolgt zu haben. Sie trotzte allen Gefahren, indem sie gegen den Treason Act23 verstieß, und ihre glühende Hingabe an die Sache der Stuarts verschaffte ihr eine Audienz bei James II. in Saint-Germain. Als sie Ende August 1699 nach London zurückkehrte, scheint sie ihren jungen Cembalolehrer mitgenommen zu haben, es sei denn, er folgte ihr kurz darauf, angezogen von der Aussicht auf eine glänzende Karriere auf der anderen Seite des Ärmelkanals.

 

 

Les Pièces de Clavecin Mises en Concert

 

Nachdem Dieupart sich in London niedergelassen hatte, in die besten Familien Englands eingeführt worden war, am Hof verkehrte (u. a. am Hof der späteren Königin Anne, die 1702 den Thron bestieg) und von Paisible in die Theatergruppe an der Drury Lane eingeführt worden war, dachte er nicht mehr daran, nach Frankreich zurückzukehren, sondern blieb über dreißig Jahre lang in der englischen Hauptstadt. Der Tod seines Vaters im Jahr 1700 spielte bei dieser Entscheidung sicherlich eine Rolle.

 

Genau in dieser Zeit erschien 1702 bei dem Amsterdamer Verleger Estienne Roger eine Sammlung von Stücken, die Dieuparts inzwischen berühmten Six Suittes de Clavessin enthielt. Diese Veröffentlichung sollte Dieupart, der in einem Gedicht von Saint-Évremond bereits vor 1703 als „fameux joueur de clavecin“24 bezeichnet wurde, zu großem Ruhm verhelfen. In London wurde sie von dem Buchhändler Francis Vaillant – einem Agenten Rogers – im Post Boy vom 8. bis 19. November 1701 und im Post Man derselben Woche angekündigt (das Exemplar der Suittes de Clavessin, das in der BnF unter der Signatur RES VMA-6 aufbewahrt wird, ist mit dem Namen Vaillant gekennzeichnet). Zur gleichen Zeit wie die Stücke für Cembalo wurde von Roger auch eine Version „Mise en Concert“ angeboten, die in der Gazette d‘Amsterdam vom 27. November 1701 angekündigt wurde. Die Untersuchung der noch erhaltenen Exemplare zeigt, dass diese Veröffentlichung eine komplexe Verlagsgeschichte hatte, die bis heute nicht vollständig geklärt ist.25 Einige Monate später veröffentlichte Vaillant im Post Man (Ausgaben vom 7. bis 18. März 1702) die folgende Anzeige: „To all Lovers of Symphony. Mr. Dieuparts Book of Lessons for the Harpsichord, made in Consorts as it was performed last Friday at the Consort, at the Theatre in Little Lincolns Inn Fields.“ Dieser erste bekannte Bericht über ihre öffentliche Aufführung deutet darauf hin, dass die „mise en concert“-Veröffentlichung der Sammlung mit einem Konzert begleitend beworben wurde. Es ist schwer vorstellbar, dass Dieupart, der sich zu dieser Zeit bereits in London aufhielt, nicht persönlich daran teilnahm, ebenso wie seine damaligen Partner, der Violinist Gasparo Visconti und der Flötist Jacques Paisible. Paisible befand sich damals auf dem Höhepunkt seines Ruhms und war beim Publikum sehr beliebt. Sein bemerkenswertes Spiel auf Bressans Instrumenten war eine hervorragende Werbung sowohl für den Komponisten als auch für den Instrumentenbauer.

 

Diese Art Transkriptionen war zu jener Zeit nicht sehr verbreitet und scheint vor allem das Lautenrepertoire betroffen zu haben. Estienne Roger, der erste Verleger, der sich für dieses Format interessierte, hatte bereits im Jahr zuvor eine Sammlung von Suites Faciles mit Bearbeitungen der berühmtesten französischen Lautenstücke für Melodiestimme und B. c. veröffentlicht.26 Diese Sammlung war in zwei Versionen erschienen, wie jetzt auch die Stücke von Dieupart. Im Jahr 1708/09 verfuhr Roger ebenso mit den Lautenstücken von Jacques-Alexandre de Saint-Luc, während in Frankreich Gaspard Leroux (1705) und Robert de Visée (1716) damit begannen, ihre eigenen Stücke zu transkribieren. Das Besondere an Dieuparts Sammlung ist jedoch ihre ungewöhnliche Instrumentierung für Flûte de voix [Voice Flute] und Flûte du quatre [Fourth Flute]. Diese ausgesprochen englische (und zweifellos kommerziell limitierende, s. u.) Besonderheit boomte damals dank der engen Zusammenarbeit zwischen Jacques Paisible und dem Blockflötenbauer Peter Bressan. Deren perfektes privates und geschäftliches Zusammenwirken spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Blockflötenrepertoires, von dem wir noch heute profitieren und das wir ihnen verdanken. Alles deutet darauf hin, dass zwischen Paisible und Dieupart eine ähnliche freundschaftliche Verbundenheit herrschte, und es ließe sich die Hypothese aufstellen, dass der junge Cembalist seine eigenen Stücke entsprechend bearbeitet hat, um seinem Freund zu gefallen. Diese Mutmaßung ist jedoch nicht belegt, und viele Fragen lassen Zweifel an den tatsächlichen Umständen des „mise en concert“ aufkommen.

 

Eine vergleichende Analyse der Cembalostücke und ihrer Instrumentalversion zeigt, dass die Bearbeitung auf jeden Fall durch einen Fachkundigen erfolgt ist, aber einige Unstimmigkeiten lassen Zweifel aufkommen, ob der Komponist wirklich an diesem Projekt beteiligt war, obwohl auf dem Titelblatt „Composées & Mises en concert par Monsieur Dieupart“ angekündigt wird. Aus denselben Gründen scheint es auch zweifelhaft, dass Paisible daran beteiligt war, auch wenn diese Hypothese nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Die Verwendung der Voice Flute für die Suiten 1 bis 4 stellt an sich kein Problem dar, denn um sie in der erforderlichen Tonart zu spielen, muss man nur den Anweisungen folgen und die Noten im französischen Violinschlüssel lesen, unter Anwendung der Griffe der common flute (Altflöte in f). So klingt C sol ut in A-Dur, f ut fa in D-Dur, D la ré in h-Moll und G ré sol in e-Moll (ein tiefes Cis in der Gigue der dritten Suite ist für die Voice Flute allerdings unerreichbar). Die Verwendung der Fourth Flute für die Suiten 5 und 6 birgt hingegen zahlreiche Schwierigkeiten für eine Ausführung durch damalige Amateurmusiker. Wenn man sich an die vorgeschlagenen Transpositionsregeln hält, kann man nicht mehr in einem gängigen Schlüssel lesen, sondern im C-Schlüssel auf der dritten Linie, um diese beiden Suiten in der empfohlenen Tonart G ré sol wiederzugeben. Diese Fähigkeit war unter Laien, für die die Flötenstimmen normalerweise eingerichtet wurden, wahrscheinlich nicht sonderlich verbreitet.27 Dazu kommt die Wahl des richtigen Instruments: Fourth Flute in B oder in C (zu diesem komplexen Thema gibt es umfangreiche Literatur)28? Im ersten Fall überschreitet der große Tonumfang dieser beiden Suiten, der bis zum hohen C (d. h. einem hohen D für ein Instrument in B) reicht, die um 1700 für dieses Instrument bekannten Grifftabellen, und man musste in C-Griffen denken und nicht mehr in F, wie es üblich war. Bei einer Fourth Flute in C liegt der Tonumfang bequemer, aber es wird nicht mehr in G ré sol, sondern in f ut fa gelesen, und die 6. Suite erklingt dann in einer Tonart, die für viele Amateure schwierig ist. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, eine Flöte in Es mit den Griffen der common flute zu spielen, aber das ist vom Ambitus nicht möglich. Die Verwendung von transponierenden Flöten ist für die damalige Zeit bei professionellen Musikern belegt, aber eine gängige Verwendung bei weniger geübten Musikern ist ein Thema, das noch viele Fragen aufwirft, da es keine beweiskräftigen Dokumente gibt. Es ist auch vorstellbar, dass die Erwähnung der Fourth Flute nur ein reines Verkaufsargument war, aber eine solche Praxis würde nur das Misstrauen der Kunden wecken und erweist sich langfristig als wirtschaftlich riskant. Der Zweck dieser Publikation wirft also noch viele Fragen auf, und es scheint offensichtlich, dass die Veröffentlichung einer solchen Sammlung für den Herausgeber ein gewisses wirtschaftliches Risiko darstellte, es sei denn, hinter all dem stünde ein großzügiger Mäzen, eine Rolle, die die Gräfin von Sandwich gespielt haben könnte.29

 

Die Analyse der Musik zeigt auch zahlreiche, meist oberflächliche Änderungen, die darauf abzielen, die Struktur der melodischen Linien zu betonen und die rhythmischen Impulse, die für den lautenartigen Stil des Cembalos typisch sind, umzuschreiben. In einigen Fällen sind die Änderungen allerdings problematischer, da sie das ursprüngliche Material tiefgreifend verändern und eine gleichzeitige Aufführung beider Versionen zu verbieten scheinen, selbst wenn die ursprünglichen Tonarten beibehalten werden konnten.30 Die radikale Umschreibung des ersten Abschnitts der Gigue in Suite Nr. 5 beispielsweise scheint weder musikalisch notwendig noch durch den Ambitus des Instruments eingeschränkt zu sein, da das tiefe E auch im zweiten Abschnitt desselben Satzes verwendet wird und die Ouvertüre derselben Suite sogar ein tiefes D verlangt. Die dadurch verursachte Asymmetrie zwischen den Abschnitten schadet dem Prinzip der motivischen Kohärenz des gesamten Satzes erheblich. Die Gründe für diese Änderung bleiben rätselhaft.

 

Abb. 3: Suite Nr. 5, Gigue, T. 1–5
../../fileadmin/user upload/Abb. 3 Suite Nr 5

 

Eine weitere interessante Änderung betrifft die Harmonie und ist in der Courante der zweiten Suite zu beobachten, wo der Bass sich radikal von der Cembaloversion unterscheidet, indem er eine mit der ursprünglichen Version unvereinbare Reharmonisation vornimmt. Der Grund für diese Änderung ist hier offensichtlicher als in der eben erwähnten Gigue, da sie eindeutig darauf abzielt, die Basslinie zu verbessern und die Eintönigkeit einer harmonischen Synkope zwischen den Takten 5 und 6 zu vermeiden. Die falsche Tonalitätsbeziehung d (Oberstimme) / dis (Bass) bereichert sogar den Vortrag auf eine Weise, die an die typisch englische Vorliebe für durezze erinnert. Auch die Verlegung der Mittelstimme in den Bass zwischen den Takten 6 und 7 verbessert den Vortrag deutlich, auch wenn sie zu einer fragwürdigen Akkordumkehrung führt.

 

Abb. 4: Suite Nr. 2, Courante, T. 4-7
../../fileadmin/user upload/Abb. 4 Suite Nr 2

 

Der Einfluss, den Dieuparts Suiten auf die spätere Literatur ausübten, ist bekannt, insbesondere bei Johann Sebastian Bach. Als der junge Prinz Johann-Ernst von Sachsen-Weimar 1713 nach zwei Jahren an der Universität Utrecht in seine Heimat zurückkehrte, hatte er ein Exemplar der Suiten Dieuparts im Gepäck. Bach, der damals Konzertmeister am Hof war, kopierte sie kurzerhand für sich selbst. Seine sogenannten „englischen“ Suiten31 tragen deutliche Anklänge daran, was von Dannreuther und seinen Nachfolgern seit Spittas Entdeckung ausgiebig kommentiert wurde32. Der Einfluss von Paisible auf den jungen Dieupart wurde hingegen völlig vernachlässigt. Ein Vergleich ihrer Werke zeigt jedoch offensichtliche Ähnlichkeiten, die manchmal sogar bis zur reinen Wiederverwendung gehen:

 

Abb. 5: Jacques Paisible: Sonate IV, Allegro, BnF RES VMA MS-700, S. 21.
../../fileadmin/user upload/Abb. 5 Paisible Sonate 4
Abb. 6: François Dieupart: Suite Nr. 1, Gigue (2. Teil)
../../fileadmin/user upload/Abb. 6 Suite Nr 1

 

Die Suiten von Dieupart sind eines der frühesten Beispiele für das, was man heute gemeinhin als „Ouvertüren-Suite“ bezeichnet; ein Genre, das bald im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von Komponisten der „Goûts-réunis“ wie Telemann, Bach, Fasch oder Graupner stehen sollte.33 Der Erfolg dieses Genres auf der anderen Rheinseite darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um eine ursprünglich französische Praxis handelte, bei der mehrere Tänze aus einer Tragédie lyrique oder aus Balletten, die gerade in Mode waren, mit vorangestellter Ouvertüre in einer einzigen Instrumentalsuite zusammengefasst wurden. Obwohl uns keine französische Ausgabe ein Beispiel für diese Praxis gegeben hat (Couperins Nations sind eine Ausnahme), so ist sie doch in Manuskripten recht häufig zu finden. Die Symphonies pour les soupers du Roi von Michel Richard Delalande sind ein gutes Beispiel dafür. Der praktische Aspekt dieser Art von Orchestersuiten sollte nicht übersehen werden. Im Fall von Delalande wurden sie 1703 von der Werkstatt Philidor im Auftrag des Grafen von Toulouse zusammengestellt, dem unehelichen Lieblingssohn Ludwig XIV. und großem Musikliebhaber.

 

Die inter-dynastischen Beziehungen und das immer stärker werdende Modell der Versailler Kultur begünstigten die Übernahme dieses Genres in Hannover, Dresden und Berlin. Die von Charles Babel für den hannoverschen Hof angefertigten Sammlungen sind ein bemerkenswertes Zeugnis ihrer Verbreitung. Der aus Frankreich stammende Babel war abwechselnd Oboist und Kopist, Fagottist bei den Truppen Wilhelms von Oranien in Den Haag (dem späteren König William III. von England) und Herausgeber mehrerer Sammlungen bei Estienne Roger. Ende des 17. Jahrhunderts in London wohnhaft, war er durch seine im April 1699 verkündete „Denization“34 als rechtmäßiger britischer Untertan anerkannt worden. In der Receuil de pièces choisies pour le Clavessin, die er um 1702 für seinen Sohn William35 zusammenstellte, überlieferte Babel eine abweichende Version von Dieuparts Cembalosuiten, was auf eine Verbindung zwischen den beiden Musikern hindeutet, deren Einzelheiten uns jedoch noch verborgen sind. Vater und Sohn Babel waren mehrere Jahre lang Kollegen von Dieupart und Paisible im Orchester des Drury Lane Theatre.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Dieuparts Suiten eine sehr persönliche stilistische Synthese bilden, die diese Sammlung zu einem der frühesten erhaltenen Beispiele der „Goûts-réunis“ macht. Das musikalische Denken ist vorwiegend französisch geprägt und wird manchmal von Corelli beeinflusst, während die strukturelle Anordnung sowohl von der Rationalität Le Bègues als auch vom Vorbild der großen Orchestersuiten des Opernrepertoires geprägt zu sein scheint. Sie erfuhren ein bemerkenswertes Schicksal und eine Neuauflage durch John Walsh noch zu Lebzeiten des Komponisten.

 

 

London, Opernabenteuer, Niedergang.

 

Dieuparts Karriere in London entwickelte sich in zwei Richtungen: zum einen der Musiklehrer, der die hochherrschaftlichen Familien des Königreichs privat unterrichtete, und zum anderen der Komponist, der an der Entwicklung der allerersten Opern für die englische Bühne beteiligt war. Über seine Tätigkeit als Lehrer ist nur wenig bekannt, da die Dokumente – meist in Privatbesitz – nur schwer zugänglich sind. Burney betont jedoch: „Dieupart betook himself to teaching the harpsichord, and was admitted in the capacity into some of the best families in the kingdom“. Zu den Schülern der ersten Stunde gehörte natürlich auch die Gräfin von Sandwich sowie deren Familien- und Freundeskreis, der sich mit ihr in der politischen Tory-Bewegung engagierte. Das Tagebuch von John Hervey (1665–1751), Baron von Ickworth und Graf von Bristol, verzeichnet zwischen 1708 und 1716 mehrere Zahlungen an Dieupart dafür, dass er seinen beiden Töchtern Isabella und Elizabeth „das Singen und Spielen“ beibrachte.36 Lady Essex Finch, der Dieupart 1717 eine Sammlung von sechs Blockflötensonaten37 widmete, muss höchstwahrscheinlich ebenfalls zu seinen Schülern gezählt werden, ebenso wie die Kinder von Sir Robert Filmer (1648–1720), dem 2. Baronet of East Sutton, in dessen Musikbibliothek sich das Autograph des Livre des Triôts von Nicolas Dieupart befand, das heute in der Yale University Library aufbewahrt wird (siehe Fußnote 14). Der Bericht über einen Besuch bei John Perceval, Graf von Egmont, im Februar 1731 in Begleitung von Horace Walpole (dem Sohn des Premierministers Robert Walpole) lässt ebenfalls auf Verbindungen zu den höchsten Kreisen der Macht schließen. Weiterhin ist es nicht auszuschließen, dass Dieupart auch die Kinder seiner eigenen Kollegen unterrichtete, wie William Babel, der bekanntermaßen Schüler von Johann Christoph Pepusch war, aber wie wir gesehen haben, auch eine enge Beziehung zu Dieupart und seiner Musik hatte.

 

Die Oper war damals eine völlig neue Unterhaltungsform auf Londons Bühnen, die nur dank der Subskriptionen der Gentry, die die Aufführungen finanzierten, existierte. Die Oper war auch ein politisches Feld, auf dem sich die erbitterten Gegensätze zwischen den Whigs (Protestanten, die ein parlamentarisches System befürworteten) und den Tories (Katholiken, Jakobiten und Befürworter einer absoluten Monarchie) ausdrückten. Zwei rivalisierende Operngesellschaften teilten sich die Bühne, und ihre beiden Manager (Christopher Rich an der Drury Lane und John Vanbrugh am Queen's Theatre am Haymarket) waren nicht frei von den permanenten Intrigen, die diese beiden Lager schürten und die Aufstieg und Fall jeder öffentlichen Person bestimmten. Zunächst war die Tendenz zugunsten der Tories und damit des Lagers der Gräfin von Sandwich, kehrte sich aber Anfang der 1710er Jahre zu Ungunsten der Jakobiten um, denen Dieupart sehr nahe stand und denen er seinen Ruhm und sein Vermögen verdankte. Mit der Ankunft von Georg I. von Hannover im Jahr 1714 wurde die Macht endgültig zu den Whigs verlagert.

Es war also dem politischen Klima zu verdanken, das Dieuparts Unternehmungen zunächst wohlgesonnen war, dass er zusammen mit Nicola Haym und Johann Christoph Pepusch zu einer der einflussreichsten Personen im Orchester der Drury Lane und später am Haymarket-Theater werden konnte. Dokumente des Vice-Chamberlain Thomas Coke, der für die Regelung der Londoner Aufführungen zuständig war, zeigen, dass Dieupart zu den bestbezahlten Musikern des Ensembles gehörte. Diese Dokumente zeigen auch, dass er keineswegs nur ein Cembalist war, sondern auch echtes Verhandlungsgeschick besaß und als Impresario besonders an der Karriere der jungen Sopranistin Catherine Tofts mitgewirkt hat. Bis zu seiner Entlassung nach der Saison 1708/1709 aufgrund von Intrigen, deren Einzelheiten nicht bekannt sind, war er eine der führenden Persönlichkeiten auf diesem Gebiet. In dieser Funktion wirkte er an allen Opern ab der Uraufführung von Arsinoé seines Freundes Thomas Clayton im Jahr 1704 mit. Darüber hinaus komponierte er die gesamte oder Teile der Musik für mindestens drei weitere Aufführungen: Brittain's Happiness (1704), Thomyris Queen of Scythia (1707) und Love's Triumph (1708). Einige Jahre nach seinem Rauswurf veröffentlichte The Spectator die beiden bereits in der Einleitung erwähnen Briefe. Sie enthielten ein Plädoyer gegen die Begeisterung des Publikums für italienischsprachige Opern und kündigten eine Subskription für unabhängige Konzerte in den York Buildings an, die mit der Oper, aus der sie verdrängt worden waren, konkurrieren sollten. Das Unternehmen war offensichtlich nicht erfolgreich, und Dieuparts Opernkarriere endete hier. Clayton verschwand für immer von der Bühne und Haym wurde Librettist, eine Tätigkeit, die er so gut beherrschte, dass er zum bevorzugten Mitarbeiter von Händel und Bononcini wurde.

 

Als freischaffender Künstler wird Dieupart häufig in den Tageszeitungen erwähnt, die seine öffentlichen Konzerte ankündigen. Seine bevorzugten Partner waren der Violinist Gasparo Visconti, ein Schüler Corellis, James Paisible und Catherine Tofts. Die Konzerte fanden in verschiedenen Räumlichkeiten statt: auf der eigens für diesen Zweck gemieteten Bühne in der Drury Lane, im Richmond Wells Playhouse, in den York Buildings oder auch im Schloss Windsor, wo Dieupart 1703 an einem Galakonzert zu Ehren des spanischen Königs teilnahm. Ab den 1720er Jahren versorgte er auch die Theater mit Konzerten, die als Pausenmusik dienen sollten; eine Praxis, die das englische Publikum besonders liebte. Die Werke von John Baston, William Babel und Giuseppe Sammartini sind den heutigen Blockflötisten wohlbekannt und gehören zu dieser Kategorie von Werken. Auch Dieupart trug 1722 mit einem Concerto for Little Flute38, das von John Baston als Ersatz für den kürzlich verstorbenen Paisible zwischen den Akten der Komödie Sir Courtly Nice aufgeführt wurde, zu den Pausenmusiken bei. Die Zeitungen berichten außerdem von einem Concerto with Two hautboys and Two flutes (1722), einem weiteren für Hautbois, Flutes and Violins (1723) und der leider verlorenen A Trumpet Sonata (1726), die als Pausenmusik in Colley Cibbers Erfolgskomödie Love's Last Shift diente. Einige dieser Konzerte lassen sich mit denen vergleichen, die in der wiederentdeckten Sammlung des Schrank II der Dresdner Hofkapelle gefunden wurden.39 Eine kürzlich veröffentlichte Sonata for a Hautboys, 2 Violins, Tenor and Bass aus dem Manuskript Add. Ms. 49599 der British Library ist ein weiteres Beispiel für diese Art von Werken, die noch auf ihre Entdeckung warten.

 

Über Dieuparts Privatleben in diesen Jahren ist uns nichts bekannt. Auf die rasanten Erfolge seiner Anfangsjahre (1712 war er so reich und berühmt, dass er sein – noch nicht wieder aufgetauchtes – Porträt bei Hyacinthe Rigaud in Auftrag geben konnte) 40 folgte eine schwierige Zeit, die wahrscheinlich der Grund für die von Hawkins verbreitete Legende war, dass Dieupart in allgemeiner Vergessenheit und in Armut starb. 1723 war offensichtlich das annus horribilis seiner Karriere, wie er selbst in einem Brief an Lord Carteret im Jahr 1750 schrieb: „all the vexatious events my life went through since the year 1723“41. Als Zeichen des sich wandelnden Geschmacks zeichnet ein 1724 veröffentlichtes satirisches Gedicht, The session of Musician42, ein wenig freundliches Bild von ihm, in dem er als „well powder'd“ bezeichnet wird, „who always prov'd successful with the Fair“. Der Autor beschuldigt ihn sogar „Spoiling Opera-Songs in Drury-Lane“ und hofft sogar auf „his Skill he'd in it's Sphere confine“, ein Wunsch, der zum Leidwesen von Dieupart bald Wirklichkeit werden sollte. Diese Jahre waren zudem von mehreren Todesfällen in seiner Familie überschattet, darunter der Tod seiner Schwester Marie Catherine, die 1723 in Saint-Germain-sur-École starb, und im Jahr darauf der Tod seines Schwagers, des Fayencenmeisters François Certain. Diese Zeit erwies sich als so schwierig und gegen seine Pläne gerichtet, dass Dieupart von da an daran dachte, nach Frankreich zurückzukehren. Zu diesem Zweck kaufte er 1726 von seinem Cousin Gabriel Jauvart eine Stelle als Schreiber am Präsidium von Melun (die er zwei Jahre später wieder zurückgab). Obwohl er 1727 in die von seinem ehemaligen Kollegen Pepusch gegründete ehrenwerte Academy of Ancient Music aufgenommen wurde – eine Art Weihe –, war der Erfolg offensichtlich nicht mehr gegeben, und Dieupart kehrte Ende 1735 oder Anfang 1736 endgültig nach Paris zurück.

 

 

Rückkehr nach Frankreich – Epilog

 

Als Dieupart seinem Notar am 19. März 1736 eine Geburtsurkunde zur Gründung einer Tontinenrente brachte, wurde er in dem Formular als „bourgeois de Paris, âgé de cinquante huit ans, demeurant à Paris rue de Tournon, quartier Saint-Germain, paroisse Saint-Sulpice“ (Bürger von Paris, achtundfünfzig Jahre alt, wohnhaft in Paris, rue de Tournon, Viertel Saint-Germain, Pfarrei Saint-Sulpice) beschrieben. Sein erster Impuls war also gewesen, die Straße und das Viertel aufzusuchen, wo er den größten Teil seiner Jugend verbracht hatte, doch die Zeiten hatten sich geändert und seit langem wohnte kein Mitglied seiner Familie mehr dort.

 

Auch die Gräfin von Sandwich war um 1722 nach Paris gezogen, kurz nach dem Tod ihres Sohnes und mehrere Jahre vor dem Tod ihres Mannes (1729), der wegen seiner Geistesschwäche zurückgezogen vom Hof auf seinem Anwesen Hinchinbrooke Manor in Cambridgeshire leben musste. Da sie sich zu sehr für die Sache der Jakobiten engagierte, die seit der Thronbesteigung des ausgesprochen protestantischen George I. im Jahr 1714 immer unwahrscheinlicher wurde,43 hatte sie sich entschieden, England zu verlassen, um dem von den Whigs dominierten parlamentarischen Regime zu entgehen, das sowohl vom König als auch von seinem Premierminister George Walpole unterstützt wurde. Sie verkehrte mit der Herzogin von Maine, die sie oft in ihrem Schloss in Sceaux beherbergte, und wohnte in einem Privathaus am Stadtrand von Paris, in der Rue de la Roquette. Am 12. März 1740 unterzeichnete sie einen Mietvertrag für das Hôtel de la Trémoïlle, das gegenüber dem kleinen Palais du Luxembourg (heute 45, rue de Vaugirard) und nur wenige Meter von der Rue de Tournon entfernt lag. Es ist weder bekannt, ob Dieupart zu dieser Zeit noch in dieser Nachbarschaft wohnte, noch ob er weiterhin bei ihr verkehrte.

 

Im Hôtel de la Trémoïlle empfing sie Schöngeister und Philosophen der Hauptstadt wie Madame de Graffigny, ihre Nachbarin in der Rue d'Enfer, Jean-Jacques Rousseau oder auch Voltaire, der sie ab 1732 regelmäßig in seiner Korrespondenz erwähnte. In einem Brief vom 18. November 1756 schrieb er: „Mes respects à Mme de Sandwich; je crois qu'elle n'est pas fâchée des humiliations que les whigs essuient“ (Meine Grüße an Mme de Sandwich; ich glaube, sie ist nicht böse über die Demütigungen, die die Whigs erleiden) – ein Beweis dafür, dass die Gräfin nie aufgehört hatte, politisch aktiv zu sein. Als enge Freundin von Abbé Dubois (Hauptminister des Regenten Philippe d'Orléans) und Marquis de Puysieulx (Diplomat und später Außenminister von Ludwig XV.), an den sie sich 1757 persönlich wandte, um ihr Bürgerrecht zu erneuern, war die Gräfin von Sandwich ein starker Geist und einflussreiche Persönlichkeit in Paris. Sie starb am 1. Juli 1757 im Hôtel de la Trémoïlle. Trotz ihrer politischen Feindschaft mit ihrem Enkel, dem berühmten Diplomaten und Lordadmiral John Montagu, 4. Earl of Sandwich, vermachte sie ihm die wenigen Besitztümer, über die sie noch verfügte, darunter ihr von Mignard gemaltes Porträt von Ninon de Lenclos, das später Horace Walpole, einem Freund von Charles Burney, geschenkt wurde. Leider ist es nicht mehr möglich, in die Privatsphäre ihrer letzten Tage Einsicht zu haben, da ihre Besitztümer von den Beamten der königlichen Domäne im Rahmen des Droit d'aubaine44 umgehend beschlagnahmt wurden, und das trotz ihrer Naturalitätsbriefe, die sie davor schützen sollten. Das von Kommissar Lecomte verfasste Siegelprotokoll und das unmittelbar nach ihrem Tod erstellte Inventar ihrer Besitztümer sind verschwunden.

 

Abb. 7: Unterschrift der Gräfin von Sandwich am Ende ihres Testaments (31. Oktober 1754). Paris, Archives Nationales, MC/ET/CVI/358
../../fileadmin/user upload/Abb. 7 Unterschrift Sandwich

 

Dieupart hingegen zog in die Nähe derer, die von seiner Familie übriggeblieben waren und die sich seit fast vierzig Jahren in der Gegend von Melun in der Nähe von Paris niedergelassen hatten. Zunächst wohnte er in Melun selbst (1744), dann in Fontainebleau (1748) und schließlich in Saint-Germain-sur-École (1750), wo er ein kleines Anwesen erwarb. Erstaunlicherweise gibt es keine Aufzeichnungen darüber, ob er in all diesen Jahren musikalisch aktiv war. Sein Name ist sogar dem Mercure de France, der wichtigsten Zeitung des Königreichs, die über alle musikalischen Ereignisse in der Hauptstadt und in der Provinz berichtete, völlig unbekannt. Es scheint, als habe Dieupart sich bewusst dafür entschieden, einen beschaulichen Lebensabend fernab von Paris im Kreise seiner Familie zu verbringen. Wahrscheinlich gab er weiterhin Musikunterricht, um sein Einkommen aufzubessern, und spielte ab und zu in den Salons seiner Freunde, wie dem der Gräfin von Sandwich oder der sehr musikliebhabenden Herzogin von Aiguillon, ihrer engen Freundin und Testamentsvollstreckerin.

 

Er heiratete spät, am 14. September 1744 in der Kirche Saint-Etienne in Melun (er war damals achtundsechzig Jahre alt). Seine Frau, Angélique Anne Lefebure [sprich: „Lefèvre“] des Boulleaux, war kaum dreiundzwanzig Jahre alt und die Tochter eines Beraters des Königs und ersten Vorsitzenden und Baillis dieser Stadt. Es handelte sich also um eine Familie von Honoratioren. Die Umstände dieser erstaunlichen Heirat sind nicht geklärt, aber man kann davon ausgehen, dass er mit dieser Familie in Kontakt kam, als er 1726 ein Amt am Präsidialsitz von Melun erwarb. Vielleicht hatte der alte Musiker die junge Frau, zu der er schließlich eine väterliche Zuneigung entwickelte, im Cembalospiel unterrichtet. Als er merkte, dass seine Gesundheit nachließ, verfasste er am 7. September 1750 ein Testament, das sein 1736 bei seinem Notar Jean-François Jourdain hinterlegtes Testament ersetzte. Er starb im Alter von 75 Jahren auf seinem Anwesen in Saint-Germain-sur-École und wurde am 26. Januar 1751 auf dem kleinen Friedhof der Gemeinde beerdigt.

 

François Dieupart hatte keine Nachkommen. Abgesehen von einigen wenigen Besitztümern, die er seiner Familie vermacht hatte, fiel das meiste seiner Witwe zu, da sie in ihrem Ehevertrag als Universalerbin eingesetzt worden war. Unter den Gegenständen, die der königliche Beamte, der das Inventar aufnahm, beschrieb, befanden sich einige, die an längst vergangene Zeiten erinnerten: „zwölf Untertassen, zwei Teekannen und ein Zuckertopf aus englischer Erde“, eine „goldene Uhr, die von Massy in London hergestellt worden war“ und ein Ring mit einem großen Diamanten, den ihm Königin Anne auf dem Höhepunkt seines Ruhmes geschenkt hatte. Der Inhalt seiner Bibliothek, die von seiner bewegten Vergangenheit zeugt, in der er nicht nur mit Händel, Bononcini und Pepusch, sondern auch mit Minister Walpole und mehreren gekrönten Häuptern verkehrte, bleibt in dem Dokument leider ebenso unerwähnt wie seine Musikinstrumente, sofern er überhaupt noch welche besaß. In der heutigen Zeit, in der Dieuparts Musik immer mehr geschätzt wird und regelmäßig neue Quellen auftauchen, kann man davon träumen, dass eines Tages z. B. eine unbekannte Sammlung von Cembalostücken auftaucht, die für die Pariser Konzerte der Gräfin von Sandwich komponiert wurden, oder eine Reihe von Konzerten, die seinem alten Freund Paisible gewidmet sind.

 

 

Anmerkungen:

[1] Es werden regelmäßig neue Werke entdeckt. Das letzte ist die bislang als verschollen geltende Bühnenmusik zu Thomyris, die wir 2024 im CMBV-Verlag, CAHIERS-344, veröffentlicht haben.

[2] Sir John Hawkins: A General History of the Science and Practice of Music. Band V;  London 1776 (T. Payne & Son), S. 169. Vgl. auch Charles Burney: A general history of music. Buch 4; London: For the Author, 1789, S. 201, und Abraham Rees: The Cyclopædia, or, Universal Dictionary of Arts, Sciences, and Litterature, vol. IX; London 1819 (Longman, Hurst, Rees, Orme & Brown [etc.]), S. 617.

[3] Michel Quagliozzi und Laurent Guillo: Nouveaux éléments sur la vie de Louis d'Hervelois de Caix (1677–1759); in: Revue de musicologie, 101/1 (2015), S. 3–52.

[4] Als Paul Brunold 1934 die Cembalostücke bei Editions de l'Oiseau Lyre veröffentlichte, äußerte er bereits Zweifel an der wahren Identität Dieuparts, indem er sich auf den mit „F. Dieupart“ unterzeichneten autographen Brief stützte, der heute in dem mit RES VMA-6 signierten Band der BnF enthalten ist. 1957 rief Thuston Dart zu einer Berichtigung auf und zitierte als Beleg das Testament von Jacques Paisible, in dem „Francis Dieupart“ als Testamentsvollstrecker genannt wird (Bressan and Schickhardt, in: Galpin Society Journal 10 (1957), S. 85–86). Ein Jahr später veröffentlichte Pierre Hardouin das erste notarielle Dokument über den Komponisten (Une adresse de Dieupart à Londres, in: Revue de Musicologie 41, Nr. 1 (1958), S. 99).

[5] www.academia.edu/106565242/_Monsieur_Dieupar_de_Londres_New_Documents_1_English_translation_

[6] Michel Quagliozzi, "Not Charles" A comprehensive Biography of François Dieupart (1676-1751); São Paulo, i. V. (Instant Harmony).

[7] Paris, Archives Nationales, MC/ET/CXII/612 (19. März 1736).

[8] Heute im Departement Eure (27). Guiseniers liegt 32 km nordöstlich von Evreux, der Heimat der Hotteterres.

[9] The Spectator, Nr. 258 (26. Dezember 1711) und 278 (18. Januar 1712), Julianischer Kalender.

[10] Jean Brunet, Hautbois et Musette de Poitou de la grande Ecurie, ebenfalls Huissier des Ballets du roi.

[11] Paris, Archives Nationales, MC/ET/LXXVI/39 (6. August 1670).

[12] Paris, Archives Nationales, MC/ET/ IX/497 (7. Juni 1688).

[13] Dieser Brief ist im Exemplar der Clavessin-Suittes in der Bibliothèque Nationale de France, Département Musique, RES VMA-6, enthalten. Er befand sich ursprünglich in den Papieren von Vice Chamberlain Thomas Coke, siehe Thomas McGeary: Vice chamberlain Thomas Coke and Italian opera in London: new documents, in: Early music, vol. XLVI, Nr. 4 (November 2018), S. 653–674.

[14] Livre des Triôts appartenant à Dieupart Flûte et Cromorne ordinaire de la chambre du Roy, US-NH Misc. Ms.170, Filmer 33.

[15] Charles Burney: A General History of Music. Buch IV; London: for the Author, 1789, S. 201.

[16] Paris, Archives Nationales, Z1h 657.

[17] Das erste Buch mit Cembalostücken von Jean-Henry D'Anglebert, das 1689 veröffentlicht wurde (das zweite ist verloren), enthält zahlreiche Bearbeitungen von Lullys Stücken, darunter drei Ouvertüren: Cadmus et Hermione, La Mascarade und Proserpine.

[18] Edward Corp: François Couperin and the Stuart Court at Saint-Germain-en-Laye, 1691–1712: A New Interpretation; in: Early Music 28, Nr. 3 (2020), S. 445–453. Betreffend Dieupart: Paris, Archives Nationales, MC/ET/V/224 (23. Juni 1693).

[19] David Lasocki: The Recorder and its Music at the Jacobite Courts in England and France, 1685–1712. https://www.instantharmony.net/Music/AR1409_Jacobite_proof2.pdf

[20] Edward T. Corp: The Exiled Court of James II and James III: A Centre of Italian Music in France, 1689–1712; in: Journal of the Royal Musical Association, Vol. 120, No. 2 (1995), S. 216–231.

[21] Henry Savile, (1642 – Paris, 6. Oktober 1687) war von 1665 bis 1674 Groom of the Bedchamber des Grafen von York (des späteren Königs Jakob II.) und von 1672 bis 1678 von Charles II. Er war außerordentlicher Gesandter in Frankreich, Mitglied des Parlaments im Jahr 1673 und Vice Chamberlain of the household von 1680 bis 1689. Er war ein enger Vertrauter von Charles II. und ein enger Freund von John Wilmot de Rochester.

[22] Charles de Marguetel de Saint-Denis, Seigneur de Saint-Évremond (1.4.1613–9.9.1703).

[23] Dieser Erlass von 1695 von William III. sah schwere Strafen für alle vor, die irgendeine Art von Sympathie für James II. zeigten oder eine Beziehung zu seinen Anhängern unterhielten.

[24] Pierre Silvestre und Pierre Des Maizeaux: Œuvres meslées de Mr de Saint-Évremond, publiées sur les manuscrits de l'auteur; Band 2, „The Lithotomist“. London 1705 (J. Tonson).

[25] Princeps-Ausgabe mit Widmung: F-Pn, RES-VMA-6 (Clav.), GB-Lbl, h.70.p (ex. Coll. Meyer) (Clav, D., B). Dasselbe, ohne Widmung: D-W.21.1-2 (Clav, D., B.). Neues Titelblatt, auf dem die Gräfin von Sandwich nicht mehr erwähnt wird: GB-DR, Pt.Mus.C.31 (D., B.). Das Exemplar im Fitzwilliam Museum, GB-Cfm, MU.MS 435 (Clav.), hat sein ursprüngliches Titelblatt verloren.

[26] GB-DRc Mus. C. 99. Diese Bearbeitung stammt höchstwahrscheinlich von Jan Hamel Bruijnincx, einem Diplomaten und Violinisten, der als Gesandter der Niederlande in Wien fungierte.

[27] Dies ist der Fall in der Walsh-Ausgabe von Corellis Opus VI für zwei Blockflöten und Orchester (RISM A/I C 3887; CC 3887), wo in den Concerti 1, 4 und 7 in D-Dur die Stimmen der „6th flute or voice flute“ nach F transponiert wurden, und im Concerto Nr. 10 in C, wo die Stimme der fifth flute ebenfalls transponiert wurde. Die Konzerte von Sammartini, Baston, Woodcock und Dieupart verwenden eine fifth flute, deren Part so transponiert ist, dass er mit den Fingersätzen der common flute spielbar ist.

[28] Dieses Instrument kann so verstanden werden, dass es eine Quarte höher als die Altlöte in F oder Altflöte in G klingt. Zu diesem Thema vgl. David Lasocki: Not just the alto, sizes and types of recorder in the baroque and classical periods; Portland 2020 (Instant Harmony). Siehe auch: Imogen Morris: Counting to Four: The flute du quatre in Charles Dieupart's Six Suittes (1701). Performing History Approaches to History Across Musicology (Nancy November Hrsg.); Boston 2020, (Academic Studies Press), S. 29–51.

[29] Dieses Thema wird ausführlicher behandelt in "Not Charles" A comprehensive Biography of François Dieupart (1676- 1751). São Paulo, i. V. (Instant Harmony).

[30] Aus diesem Grund teilen wir nicht die Meinung von Matthew Hall, dessen ansonsten ausgezeichneter Artikel das Gegenteil beweisen will: Matthew Hall: Charles Dieupart's Six suittes (1701-1702) and the en concert performance tradition; in: The viola da Gamba society journal, IV, 2010, S. 6–35.

[31] George B. Stauffer: Boyvin, Grigny, D'Anglebert, and Bach's Assimilation of French Classical Organ Music; in: Early Music 21, no. 1 (1993): S. 83.

[32] Edward Dannreuther: Musical Ornamentation, 2 Bde, Band I, London 1893-1895 (Novello, Ewer & Co), S. 137–139.

[33] Steven Zohn: Music for a Mixed Taste: Style, Genre, and Meaning in Telemann's Instrumental Works; Oxford 2008.

[34] Die „denization“ ist nicht gleichbedeutend mit Einbürgerung, aber diejenigen, die darunterfielen profitierten normalerweise größtenteils von denselben Rechten wie gebürtige Engländer.

[35] GB-Lbl Add. Ms 39569.

[36] John Hervey: The diary of John Hervey, First Earl of Bristol, with Extracts from his Book of Expenses 1688 to 1742; Wells 1894 (Ernest Jackson).

[37] Six Sonatas for a Flute and a Through[sic] Bass, Compos'd by Mr. Dieupart, Humbly Inscrib'd to [...] Lady Es[s]ex Finch (London, J. Walsh; J. Hare). GB-Ckc Rw.16.58.

[38] Bei diesem Konzert handelt es sich wahrscheinlich um dasjenige, das 2008 vom Centre de Musique Baroque de Versailles (CAH.33) unter dem Titel Concerto à 5 avec flûte obligée et orchestre veröffentlicht wurde. Eine frühere Ausgabe in Form eines Klavierauszugs ist von David Lasocki 1979 bei Zen-On veröffentlicht worden.

[39] Veröffentlicht 2008 durch das CMBV (CAH.34, 35, 36 und 37).

[40] Joseph Roman: Le livre de raison du peintre Hyacinthe Rigaud; Paris 1919 (Henri Laurens), S. 164.

[41] GB-Lbl, Add. MS 32419, f.117.

[42] Hambleton: The Session of Musicians. In Imitation of the Session of Poets; London (M. Smith), S. 172.

[43] Das Gesetz verbot Katholiken den Zugang zum Thron. Mehrere Verwandte von Königin Anne, die lt. Thronfolge vor Georg von Hannover Anspruch auf den Thron gehabt hätten, wurden so von der Thronfolge verdrängt. Georg war der bestplatzierte der protestantischen Thronanwärter.

[44] Recht, das dem König die Befugnis einräumt, das Vermögen von in Frankreich verstorbenen Ausländern und von ohne Nachkommen verstorbenen Königsmördern zu beschlagnahmen.

 

Übersetzung aus dem Französischen: TIBIA

 

 

Gezeichnete Beiträge geben die Meinungen der Autoren wieder. Diese stimmen nicht grundsätzlich mit der Meinung der Herausgeber, der Schriftleitung oder des Verlages überein. Die weitere Verwendung von Beiträgen oder Auszügen daraus setzt das schriftliche Einverständnis des Urhebers bzw. des Nutzungsberechtigten voraus. Alle Rechte vorbehalten.

als PDF sichern/drucken weiterleiten
Über den Autor / die Autorin
Michel Quagliozzi , Michel Quagliozzi studierte Blockflöte bei Walter(...)