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Dorothee Oberlinger: Pastorale Rezensionen

 

Italienische Weihnachten, Dorothee Oberlinger (Leitung und Blockflöte), Ensemble 1700/Li Piffari e le Muse, Dorothee Mields (Sopran), deutsche harmonia mundi, Freiburg 2022, Best.-Nr. 11037855

 

 

Ein Langohrschaf schaut uns vom Cover der neuesten CD des Ensembles 1700 unter Leitung von Dorothee Oberlinger vielsagend an und verrät durch seine Anwesenheit: hier geht es um Hirtenstücke, genauer gesagt Italienische weihnachtliche Pastoralen.

Dorothee Oberlinger hat dazu Gäste eingeladen: die Sängerin Dorothee Mields, die zur ersten Riege der europäischen Barocksopranistinnen zählt und deren Stimme sowohl eine attraktive Klarheit und Reinheit hat, als auch von sinnlicher Wärme erfüllt ist. Des Weiteren ihre ehemalige Studentin Elisabeth Wirth und das noch unbekannte Italienische Quartett Li Piffari e le Muse die Fiedel, Dudelsack, Drehleier und Piffero spielen. Das letztere ist ein Doppelrohrblattinstrument, das in der Volksmusik eingesetzt wird und damals wie heute von Hirten gespielt wird.

Die Idee, die Instrumente einer traditionellen Hirtenband in das Konzept einzubinden, ist kein Marketing-Schachzug, sondern wirkt vollkommen organisch und als zeitgemäße Annäherung an das Thema Pastorale im historischen Kontext, Volksmusik und Kunstmusik in respektvoller Koexistenz.

Eine weitere Entdeckung ist Giovanni Antonio Guido, ein Zeitgenosse von Vivaldi, der wie dieser einen Jahreszeitenzyklus geschrieben hat, von dem hier selbstverständlich der Winter eingespielt wurde. Kraftvolle Musik voller lautmalerischer Klänge, schwungvoll gespielt von dem ausgezeichneten Ensemble 1700 unter der Leitung des Konzertmeisters Evgeny Sviridov.

 

Ungewöhnlich klingen die Verzierungen des 2. Satzes des d-Moll Konzertes von Alessandro Marcello, die aus J. S. Bachs Bearbeitung für Tasteninstrument BWV 974 stammen. Sie verschaffen dem Zuhörer ein neues Hörerlebnis von Altbekanntem.

 

In Alessandro Scarlatti Cantata pastorale per la Natività wird das Neapolitanische Weihnachtslied Tu scendi dalle stelle zitiert und im Anschluss an die Kantate erklingt dieses Volkslied im neapolitanischen Volksstil, begleitet von Li Piffari e le Muse. Keine außergewöhnliche Idee, aber sehr gut umgesetzt.

 

Eine Weihnachts-CD ohne Sentimentalität, die barocke Kompositionen mit ursprünglicher Folklore kombiniert, ohne Zugeständnisse an die Qualität zu machen, wie z. B. effekthaschend Trommeln als Ketchup dazuzugeben.

 

Eine sehr empfehlenswerte Einspielung, die in zwei Versionen existiert: mit gesprochenen Texten des arrivierten Schauspielers Matthias Brandt als Doppel CD (Best.-Nr. 11037834) oder wie die hier vorliegende Ausgabe mit 78 Minuten Musik. Wenn es schon zwei Versionen gibt, warum nicht auch als Schallplatte? Die Jazzmusik hat diesen Trend schon voll verinnerlicht und das Aufsetzen der Nadel könnte den technikreduzierten Feierabend noch stilvoller machen.

 

 

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