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Georg Philipp Telemann: Concerto a-Moll TWV 43:a3 Rezensionen
für Altblockflöte, Oboe, Violine und Basso continuo (Hg. und Generalbassaussetzung Klaus Hofmann), Reihe: Magdeburger Telemann Edition, Magdeburg 2023, Edition Walhall, Partitur und Stimmen, EW1253, € 19,80
Klaus Hofmann hat es sich in den letzten Jahren zur Aufgabe gemacht, seine langjährigen Erfahrungen im Umgang mit musikalischen Quellen dazu einzusetzen, bei meist populären und viel gespielten Werken bislang nicht gestellte Fragen zu stellen im Hinblick auf Authentizität bzw. möglicherweise fehlerhafte Überlieferungen.
In der Tat findet er immer wieder Ansatzpunkte, die man im festen Vertrauen auf die Glaubwürdigkeit moderner Ausgaben bislang zumeist mehr oder weniger fraglos akzeptiert hat.
Jüngstes „Opfer“ seiner Forschungen ist Telemanns bekanntes und beliebtes Quartett in a-Moll TWV 43:a3 in der wunderbar klingenden Instrumentenmischung aus Blockflöte, Oboe, Violine und B. c.
Sein kritischer Ansatz betrifft hier vor allem den letzten, als Rondeau mit Solopassagen für die einzelnen Instrumente angelegten Satz mit einem Ritornell, das wir auch aus Telemanns Cembalofantasien kennen.
Es sind zwei Quellen für diese Komposition erhalten, eine in der Hessischen Landesbibliothek Darmstadt, eine im Nederlands Muziek Instituut Den Haag. Beide Quellen stimmen zwar weitgehend überein, scheinen aber unabhängig voneinander auf eine Vorlage zurückzugehen, die bereits eine korrupte Version vor allem des Oboensolos (Beginn T 63) enthalten haben muss: einen Verschreiber, der wohl beim Übertragen aus Stimmenmaterial in Partiturform entstanden sein könnte, mitsamt einem nicht ganz glückhaften Versuch einer Fehlerkorrektur.
Die Den Haager Quelle wurde in den 80er und 90er Jahren von Musica Musica Basel als Faksimile vertrieben, die Darmstädter Version findet sich in den gängigen modernen Ausgaben.
(Ein gut hörbares Detail im Unterschied der beiden Quellen befindet sich im Bass des T. 39 des ersten Satzes (Den Haag „h“, Darmstadt „a“.)
Wer Hofmanns Untersuchung im Detail nachvollziehen möchte, sei auf seinen Beitrag Dem Urtext auf der Spur aus Tibia 2/2010 verwiesen.
Die neue Ausgabe enthält den Versuch einer Rekonstruktion der originalen Version des Oboensolos (dem aber 5 ganze Takte zum Opfer fallen, wodurch das Solo durchaus in Ungleichgewicht gerät zu den Soli der anderen Instrumente.)
Hofmann empfiehlt zudem, das Violinsolo um etwa die Hälfte zu kürzen, da es sich harmonisch mehr oder weniger im Kreis bewege. Genau das tut es zweifellos und teilt seine Anlage dadurch zum Verwechseln ähnlich mit anderen Geigensoli, wie z. B. im letzten Satz des Concertos TWV 53: D5. (Auch bei letztgenanntem Werk hat es bereits zu Telemanns Zeiten einen Kürzungsversuch gegeben, wie man aus den unterschiedlich langen Versionen des Solos in Dresden und Darmstadt ersehen kann.)
Ich glaube aber, dass gerade diese kadenzartigen Soli für die Violine (jeweils die letzten in beiden genannten Werken) ganz bewusst mit ihren extrem virtuosen, für den Zuhörer geradezu schwindelerregenden Arpeggi ohne jegliche Motivik die eine Spannung erzeugen sollen, aus der erst das endliche Einsetzen des Ritornells Erlösung bereitet. Ist nicht eine solche harmonisch bescheidene, aber äußerst virtuose Anlage geradezu typisch für die Gattung des Violin-Capriccios zwischen Locatelli und Paganini? Die Einfügung eines solchen „Stücks im Stück“ findet sich ja in mehreren barocken Violinkonzerten verschiedener Komponisten. (Man denke z. B. nur an Uffenbachs Beschreibung von Vivaldis „Gran-Mogul“-Aufführung!) Es würde mich wundern, wenn die Telemannschen Soli nicht einem Virtuosen wie Pisendel auf den Leib geschrieben wären.
Wie dem auch sei: man sollte in jedem Falle das Oboensolo nach Hofmanns Anmerkungen auch mal selbst untersuchen und ggfs, eigene Lösungsvorschläge erarbeiten (ein klein wenig vergleichbar der Aufgabe, das „Loch“ in Bachs A-Dur-Flötensonate sinnvoll zu füllen!)
Ob es eine gute Idee für den Verkauf der Ausgabe war, dass Hofmann sie nach dem höchst obsoleten Paragraphen 70 UrhG hat schützen lassen, wird sich zeigen. Für die Musiker bedeutet das im Falle einer Aufführung: Anmeldung bei der VG Musikedition und damit zusätzliche Kosten, Arbeit und Ärger!
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Michael Schneider(...)