Die Inhalte der Lectures waren sehr verschiedenartig: neben der verbalen und klingenden Vorstellung bislang kaum beachteter Partimento-Quellen (Mattheson, Kirchhoff, Ristori) über historische Untersuchungen (z. B. Partimentopraxis in Portugal oder in den USA im 19. Jahrhundert), heutigem pädagogischen Einsatz von Partimenti (hierüber zwei Beiträge aus Skandinavien), Partimentotraditionen in der Oper des 19. Jahrhunderts (Bellini, Donizetti, Verdi), Übersicht über den aktuellen Stand an Veröffentlichungen von Büchern und Originalquellen (Peter v. Tour mit Durante, Cotumacci u. a.) bis hin zur Warnung von Sanguinetti, sich bei der Realisierung italienischer Partimenti nicht immer an der Komplexität des Bachschen Kontrapunkts zu orientieren.
Man darf den Veranstaltern nur ein ganz großes Lob aussprechen für die Konzeption und Durchführung dieses Symposiums!
Die Mischung von Keynote Lectures, Lecture Recitals (also mit Konzertanteil), Workshops (mit Einzelunterrichten), Lightning Papers (teilweise per Zoom aus den USA und Italien) war perfekt!
Zusätzlich konnten sich die Teilnehmer jeden Morgen vokal solmisierend in einer „Warm up Session“ zum Cembalo ins Thema einstimmen. Abends war dann noch „Harvest-time“ angesetzt, um die Erkenntnisse des Tages zu summieren.
Für mich waren die Höhepunkte die Lecture-Recitals und Workshops der Kollegen aus Freiburg und Basel, die besonders eindrucksvoll am Cembalo demonstrieren konnten, wie mit stilgebundener Improvisation magische Musikerlebnisse vermittelt werden konnten.
Am letzten Tag erschien als Teilnehmerin im Workshop von John Mortensen (Moderner Pianist mit Schwerpunkt Improvisation romantischer Musik nach Partimento-Modellen) die trotz ihres immer noch Teenager-Alters bereits legendäre Alma Deutscher.
Sie gilt geradezu als Vorzeigeprodukt einer auf Partimenti basierenden Musikausbildung. Bereits als Kleinkind wurde sie, wie man bei YouTube nachsehen kann, meist aus der Ferne darin unterrichtet. Mit Mortensen improvisierte sie gemeinsam am Klavier und erarbeitete aus dem Stegreif eine 3-stimmige Partimento-Fuge nach Durante.
So ähnlich muss es bei J. S. Bachs Besuch in Potsdam bei Friedrich II. zugegangen sein!
Den Organisatoren kann man für das Geschenk einer solchen Veranstaltung nur äußerst dankbar sein! Es wird für alle Teilnehmer etliche Zeit in Anspruch nehmen, alle Erkenntnisse dieser Woche zu reflektieren und umzusetzen.
Die Reise nach Wien hat sich für mich jedenfalls in hohem Maße gelohnt!
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